Archiv für den Autor: Cigdem
Feminismus und Rap. Über unsere eigene Verlogenheit
Ja, ich höre Gzuz, Bonez MC, manchmal auch Fler und Kurdo. Und bei Zeilen wie „Meine Bitch hat blonde Haare, doch ich steh‘ auf schwarze Locken. Check‘ bei Instagram ein Model ab und mach‘ mich auf die Socken. Sie spuckt auf meinen Schwanz, sag‘ meiner Bitch, ich hab‘ Termine (Heh)
Bitte, fang nicht an zu zicken, ist nur ficken, was für Liebe, hah?“.“ von Gzuz und Bonez MC in ihrem jüngsten Track „Verkackt“ bekomme ich Magenschmerzen.
Und über Zeilen wie in dem Song „Fame“ von Fler: „Will keine Frauen, ich will hoes, sie müssen blasen wie pros.“ und „Ich bange sie beim ersten Date.“, muss ich lachen – über diese patriarchalische Welt. Und ja, auch ich bin Feministin.
Solche Texte zu verbannen, zensieren oder die Rapper deshalb als Mittäter von frauenfeindlichen Handlungen zu machen – davon bin ich weit entfernt. Die Texte offenbaren nur das, was in unserer Gesellschaft bereits existiert. Rapper zeigen, wie Männer ticken können. Und sie erinnern uns mit ihren Texten immer wieder daran, dass das Leben als Frau in dieser Welt nicht einfach ist. Das zu wissen, kann nur zu unserem Vorteil sein.
Ob die Rapper ihre eigene Frauenfeindlichkeit durch die Kunstfreiheit rechtfertigen und es gar keine Kunst ist? Nein. Es ist Kunst, weil es ehrlich ist. Und es ist auch Kunst, weil sie Geschichten erzählen. Sie nehmen oft das lyrisches Ich ein, und wir alle wissen aber, dieses Ich ist nicht einfach nur fiktiv, es existiert. Aber nicht nur im Rap, sondern überall.
Die Rapper sind ehrlicher als die ganzen Krawattenträger, die mich sexistisch behandelt haben, während ich als Servicekraft als Studentin jobbte, oder auch von einigen Journalistenkolleginnen belächelt werde oder in meinem Alltag, in dem man mich unverschämt in der U-Bahn anstarrt.
Und ich habe bisher von keinem Rapper, die ich interviewt oder getroffen habe, frauenfeindliches Verhalten zu spüren bekommen. Sie sind mir bisher alle mit Respekt begegnet – sie haben mich nicht auf mein Geschlecht reduziert, ganz anders als Menschen, die studiert haben, und reflektiert sein müssen. Auch Frauen sind hier keine Ausnahme. Bei Rappern weiß man oft, woran man ist. Das Gleiche kann ich für weite Teile unserer Gesellschaft leider nicht sagen.
Natürlich kann ich aus meiner Erfahrung kein Glaubenssatz machen. Natürlich sind Rapper auch frauenfeindlich, sie gehören zu dieser Gesellschaft und Frauenfeindlichkeit bleibt auch in Deutschland noch immer ein Problem. Man geht aber soweit und glaubt, dass Rapper erst sexistisches Denken und Gewalt gegen Frauen salonfähig machen und die Täter zu solchen Handlungen motivieren. Das ist heuchlerisch. So verleugnet man nur, dass Frauenfeindlichkeit ein gesellschaftliches Problem ist. Und Deutschrap ist ein sehr großer Spiegel unserer Gesellschaft.
Ich halte die Rapper nicht für unterprivilegiert und rechtfertige deshalb nicht ihre gewaltverherrlichenden Worte, ob in ihren Texten oder auf Sozialen Medien in Form von Drohungen. Im Gegenteil, man sollte sie ernst nehmen, ihnen auf Augenhöhe begegnen und sie konstruktiv kritisieren – ohne ihre Würde als Menschen zu verletzen.
Der Berliner Rapper Fler ist zu weit gegangen, als er auf Instagram Kopfgeld auf Frauen setzte, die ihn kritisierten, als er auf das Kamerateam von RTL einschlug, und als er den Comedian Shahak Shapira Gewalt androhte. Aber was ist vorher geschehen?
Die Kampagne von Terre des Femmes #unhatewomen (https://www.unhate-women.com/de/), die frauenfeindliche Zeilen von Deutschrappern anprangert und sie als hatespeech deklariert, mag ein wichtiges Ziel verfolgen: die Bekämpfung psychischer und physischer Gewalt gegen Frauen.
Allerdings haben die Frauenrechtlerinnen die Texte der Rapper ernster genommen, als ihre Zuhörer und ich. Sie wenden keine Gewalt gegen Frauen an, auch nicht verbal. Sie offenbaren das Denken ihrer Lebenswelten und nicht die Rapper selbst, sondern die frauenfeindliche Mentalität und ihre Lebenswelten ist problematisch. Nur ist es nicht so, dass die Menschen, die genau diese Mentalität kritisieren, die Rapper mit offenen Armen begrüßen.
Es ist die raue Sprache der Rapper, es sind ihre Lebenswelten, die sie durch ihre Worte ausdrücken wollen. Man muss die Sprache der Rapper auch verstehen, wenn man sich schon mit ihnen anlegt. Gewalt, ob verbal, psychisch oder physisch darf niemals gerechtfertigt werden. Daher hat der Rapper Fler eine Grenze überschritten, als er einer Instagrammerin, die die Kampagne und einige Rapper, unter anderem auch Fler, in ihrer Instastory getagged hat, mit Gewalt auf ihre Ansage, in dem sie die Rapper als Mittäter beschimpft, reagiert hat: „Ich kann ja mal Täter werden, wenn du mir weiter auf die Eier gehst. Und dann bin ich Täter gegen DICH und nicht gegen DIE FRAUEN … also laber keine Kacke.“ Damit will er sagen, dass er kein Problem mit Frauen habe, sondern nur mit solchen, die ihm so schwere Beschuldigungen machen. Auch solchen Gewalt anzudrohen, ist falsch.
Aber dass die Situation dermaßen eskaliert ist, das liegt nicht an allein Fler. Denn die Instagrammerin hat diese Nachrichten an den Comedian Shahak Shapira geschickt, der das Ganze dann öffentlich gemacht – und das an eine große Reichweite schickte.
Wenn wir uns den Chatverlauf zwischen dem Rapper Fler und dem Comedian Shahak Shapira anschauen, wird deutlich: Ja, Fler fühlt sich davon extrem provoziert. Die Frage ist, wieso ignoriert er es nicht, wieso fühlt er sich davon angesprochen? Vielleicht weil eine gewalttätige Reaktion darauf eine gute Promo für sein Album wäre. Oder aber weil er sich missverstanden fühlt. Aber er wird erst dann so richtig beleidigend und droht mit Gewalt, nachdem man ihm auch psychische Gewalt angetan hat. Der Satz „Wenigstens habe ich eine Mutter“ von Shahak Shapira eine Anspielung darauf, dass Fler ein Waisenkind ist und als Antwort auf die Aussage von Fler „Deine Mutter hat runtergeladen, du Hund“, ist extrem verletzend.
Dieser Streit erinnert mich an meinen eigenen Erlebnisse im Alltag, in dem der Satz ausgepackt wird, nachdem man provoziert wurde, nachdem man herablassend behandelt wurde, und man selbst wütend und emotional reagiert: „Ich habe doch gar nichts gesagt.“ Und man wird aufgrund der Herkunft dann als aggressiv abgestempelt, weil man auf die Gewalt reagiert.
Ja, Shahak Shapira hat nicht mit Gewalt gedroht, aber er hat auch Gewalt angewendet, psychische Gewalt vom Feinsten. Und er wusste genau, wo die Schwäche von Fler liegt und hat zugeschlagen.
Und auch die Instagrammerin hätte entweder sich selbst verteidigen müssen oder sie hätte direkt Fler bei der Polizei anzeigen müssen – einem männlichen User wie Shahak Shapira das zumailen gleicht einer Selbstjustiz via Social Media – und einer sehr unfeministischen.
Ihre Kritik ist keineswegs konstruktiv. Denn sie findet jenseits von Kampagnen statt, auf Sozialen Medien in persönlichen Accounts. Twitter und Instagram sind keine Plattformen, in dem sachliche und konstruktive Diskussionen stattfinden können. Auf Sozialen Medien ergaunert man vielmehr Aufmerksamkeit, Likes und Retweets – und die Emotionen kochen hoch – auf allen Seiten. Daher stimmt das Statement von Fler, den er dann auf Twitter und Social Media postet: „Deutschland ist, wenn man einen Rapper provoziert und sich wundert, wenn er wie ein Rapper reagiert.“
Die Rapper verstehen oftmals nicht, welche Auswirkungen ihre Kunst haben kann – auf die Gesellschaft und dass sie heute eben ernst genommen werden. Sie haben eine große Reichweite. Sie müssen lernen, mit dieser Verantwortung umgehen zu können. Aber das ist ein Prozess. Die Kampagne kann einen Anfang machen. Aber sie muss auf Augenhöhe den Rappern begegnen, und sie nicht öffentlich als Frauenhasser und Mittäter denunzieren. Und zu glauben, dass Rapper nicht mit Kritik umgehen könnten – ist ein großes Vorurteil.
Auch der Rapper Fler grüßt in seiner Instagramstory den Youtuber Rezo, der sich auch in die Diskussion eingemischt hat. Der Berliner Rapper lobt Rezo dafür, dass er ihn konstruktiv kritisiert habe. Deutschrap leistet einen großen Beitrag, dass wir uns gesellschaftlichen Problemen widmen und uns auch über Streitkultur – ob auf der Straße, in Sozialen Medien oder in Zeitungen, streiten müssen. Aber Rap offenbart nicht nur Sexismus und Gewalt, sondern auch die Gewalt, die jenseits von Deutschrap herrscht. Und diese Gewalt ist oft subtil. Aber unsere Augen sehen nur die frauenfeindlichen Rapper. Unsere Ohren hören nur ihre sexistischen Zeilen. Und wir machen nur den Mund auf, wenn wir die Rapper als Täter von Gewalt sehen. Solange wir das tun, ist unsere eigenen Welt heil und in Ordnung. Denn in unserer Welt schauen wir nicht auf Menschen herab, weil sie Waisen sind, wir schauen nicht auf Menschen herab, weil sie wenig Schulbildung genossen haben, wir schauen auch nicht auf sie herab, weil sie von der Straße kommen – und wir provozieren sie nicht, weil wir wissen, wie sie reagieren werden, wir stellen uns auch nicht auf die Seite derer, die meinen feministisch zu agieren, aber nur hinter Aufmerksamkeit her sind. Denn unsere eigene Verlogenheit haben wir schön unter unseren Teppich gekehrt.
Wir wollten jung sein, wir wollten frei sein
Es heißt, dass der Salafismus die neue Jugendkultur der Muslimen in Deutschland sei. Das war früher anders.
Als wir blutjung waren, wollten wir nur eins: frei sein. Wir liebten unsere türkische, arabische, kurdische Kultur, unsere islamische, alevitische Religion, unsere maghrebinischen, afghanischen und anatolischen Traditionen – aber wir wollten sie so ausleben, wie wir es wollten – so wie es sich in einer modernen Gesellschaft gehört.
Jeden Sommer wollten wir im Freibad schwimmen, wir wollten in Clubs feiern gehen, in die wir mit sechzehn Jahren eigentlich gar nicht hinein durften, wir wollten mit Jungs oder Mädels ins Kino, wir wollten mit unserem Schwarm oder unserer Angebeteten telefonieren, wir wollten eine feste Beziehung haben und sie oder ihn Zuhause unseren Eltern vorstellen – so wie es unsere deutschen Freunde taten. Wir wollten jung sein, wir wollten frei sein.
Da wir strenge Eltern hatten, unabhängig davon, ob wir alevitisch, sunnitisch, arabisch oder kurdisch waren – mussten wir – gerade wir Mädels – viel von unserem Leben verheimlichen. Und das war nicht einfach. Wir haben uns im Zimmer eingeschlossen, wenn wir Liebeskummer hatten, und konnten oft unseren Eltern nichts davon erzählen.
An Liebe hat es uns nie gefehlt, aber an Freiheit sehr oft.
Wir haben nach Wegen gesucht, wie wir abends aus dem Haus kamen – wir haben unsere Eltern für jede weitere Stunde außerhalb unseres Zuhauses angebettelt. Wir wollten uns nicht beugen, wir wollten die herrschenden sozialen Normen durchbrechen.
In den Zeiten vor dem Handy hatten die Jungs immer Münzen in der Hand, um uns aus einer Telefonzelle Zuhause anzurufen, in der Hoffnung, dass nicht unsere Väter oder unsere Mütter, sondern wir dran gehen – und sie unsere Stimme hören können. Wir haben Liebesbriefe geschrieben und sie Zuhause akribisch versteckt.
Wir Mädels haben uns überlegt, wie es wäre, wenn wir lesbisch wären – ohne dass unsere Eltern es merkten. Wir hätten mit unserer festen Freundin so viel Zeit verbringen können, wie wir nur wollten – sie könnte bei uns Zuhause abhängen, mit uns in den Urlaub fahren und mit ihr hätten wir nach dem Abitur sogar eine WG gründen können. Wir haben sehr viel geträumt. Auch davon, wie das Leben für die nächsten Generationen werden wird. Ob sie mehr Freiheiten haben würden als wir, fragten wir uns oft. Wir haben das gehofft.
Wir haben gehofft, dass wir so frei sein konnten, wie unsere „deutschen“ Freunde – so frei, dass wir auf der Straße Händchen halten könnten, ohne Angst zu haben, dass ein Onkel oder ein Freund unserer Väter uns dabei erwischen würde. Wir wollten einfach nur jung sein.
Und wir haben dafür gekämpft.
Wir wurden stets als „Ausländer“ bezeichnet, die Fronten waren klar. Das, was für die Deutschen galt, galt eben nicht für uns. Wir haben die Werte aber niemals abgelehnt. Wir haben uns nur darüber geärgert, dass die Deutschenmit ihren Freiheiten so wenig anfangen konnten. Wir, wir hätten das Beste rausgeholt.
Dann merkten einige von uns, dass es keinen Lichtblick gab, dass sie nur bestraft wurden, wenn sie die herrschenden sozialen Normen in den muslimischen Communities brechen. Als die hübschesten, selbstbewusstesten und coolsten marokkanischen Mädels mit 16 Jahren verheiratet wurden, als die freiheitsliebende und aufmüpfige Freundin nach dem Abitur ihren Cousin heiraten musste und sich anschließend das Leben nahm, als nur wenige es schafften, ein selbstbestimmtes, freies und offenes Leben zu haben – ohne mit den Eltern zu brechen, oder eine „falsche Muslima“ oder „unehrenhaft“ zu sein. Da fing man an, konform zu leben. Konform gegenüber den Erwartungen der Eltern. Und die Jugend war dahin.
Die Grenzen waren schließlich verschwommen.
Während unsere Eltern, unsere Tanten und Onkels noch in der Türkei, Marokko, Afghanistan und in Algerien sozialisiert worden waren und sich ihrer Heimat, ihren Traditionen und Normen immer stark verbunden fühlten – war das für uns nicht mehr selbstverständlich.
Wir waren in diesem Land geboren, aber für uns galten – so selbstverständlich war das für alle, auch für „die Deutschen“ – andere Normen, andere Regeln, andere Erwartungen. Wir waren überfordert; nicht nur mit Hausaufgaben und den Besuchen unserer liebevollen Verwandten, nicht nur mit den Sommerurlauben in unserer mittelöstlichen Heimat, wo wir auch stigmatisiert und bedrängt wurden, sondern auch mit den Übersetzungen für unsere Eltern bei deutschen Behörden – aber noch weitaus mehr, wir waren überfordert mit Erklären, mit Rechtfertigen, mit Entschuldigen.
Wir mussten uns stets entschuldigen, für das, wer wir waren und das, was wir sein wollten.
Am meisten tat diese Ungerechtigkeit weh. In unserem Herzen spürten wir jedes Mal einen Stich, wenn wir merkten, dass unsere Grenzen viel zu nah an unseren Träumen waren. Und wir haben mit Angst gelebt. Angst, erwischt zu werden. Angst, bestraft zu werden. Angst, mit welchen Vorwürfen wir diesmal konfrontiert würden. Dabei wollten wir nur jung sein. Wir wollten frei sein.
„Wir Ausländer“ haben uns zusammengetan, wir haben Solidarität dort gezeigt, wo es unseren bürgerlichen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden nicht gelang. Wir hatten uns unsere eigene Welt erschaffen.
Wir waren befreundet aufgrund unserer kulturellen Identität, weil wir unterschiedliche Kulturen aufweisen konnten – gerade auf dem Gymnasium, wo wir auf das deutsche bürgerliche Leben trafen und damit mit unserer kosmopolitischen und transnationalen Identität nicht viel anfangen konnten. Und es war nicht unsere Religion, die identitätsstiftend für uns war. Es war unser gemeinsames Verlangen, unser Streben nach Freiheit, nach Akzeptanz, nach Anerkennung. Sowohl von unserer eigenen Gemeinschaft, als auch von der deutschen Welt da draußen.
Und wenn unser Lehrer uns fragte, welchen Beruf unsere Großväter ausübten, waren wir drei „Türken“ die einzigen, deren Großeltern nicht einmal einen Schulabschluss hatten. Aber wir kamen damit klar, es hat uns nicht gestört. Denn nicht nur in Mathe oder Physik, sondern auch in Ethik, Geschichte oder Deutsch waren unsere Noten um einiges besser als derjenigen, deren Großväter Ärzte oder Lehrer waren.
Wir waren Aufsteiger. Wir hatten nur keine Ahnung, welchen Preis wir dafür bezahlen mussten.
Wir hörten Hiphop, liebten Pharrel Williams – bevor es heute die bürgerlichen Studenten taten. Wir trauerten um Tupac und Aaliyah. Wir kannten amerikanischen Slang und hatten deshalb den Englisch-Leistungskurs gewählt. Das war unsere Jugend.
Wir hatten kaum Vorbilder in den deutschen Medien oder in der Öffentlichkeit, die uns einen Weg aufzeigen konnten, wie wir die Erwartungen unserer Eltern, unserer Gemeinschaft mit den Erwartungen da draußen vereinbaren konnten. Wir haben uns nicht als Opfer gefühlt, aber wir wurden ausgegrenzt und irgendwann wurden wir zu Opfern gemacht.
Dabei haben wir uns nicht mit dem Islam oder den Koran auseinandergesetzt – das haben unsere Eltern vielleicht gemacht. Wir haben im Ramadan gefastet, wir haben unsere religiösen Feste zusammen gefeiert. Mit einem richtig miesen Gewissen haben wir uns in der Schule frei genommen – denn unsere Eltern wollten nicht, dass wir am Zucker- und Opferfest von der Schule fernblieben. Sie wollten nicht, dass wir vorrangig religiös waren – aber immer anständig.
Wir haben immer auf den Sommer gewartet; die Jungs haben trainiert, die Mädchen haben Diäten gemacht, weil wir wussten, dass wir uns in Bikinis und Badehosen im Schwimmbad treffen würden. Und wenn wir es schafften, wollten wir Abitur machen, wir wollten studieren, wir wollten raus in die Welt. Das war unsere Welt. Und wir hofften, dass die nächste Generation noch offener, noch freier und noch moderner leben würde. Dass sie soziale Normen durchbrechen würde. Dass sie nicht „deutscher“ werden müsste, aber freier werden könnte. „Dass sie mehr dürfen.“
Dürfen – das war eines der Verben, die wir am häufigsten verwendeten.
Wir wollten nicht nur einen modernen Lebensstil konsumieren, mit unseren Reebook- Schuhen, Nokia-Handys und Nike-Hosen. Wir wollten all das andere, was noch dazu gehörte. Wir haben versucht, Jennifer Lopez nachzuahmen. Ihren Kleidungsstil, ihre Haare – ihre Welt aus “Jenny From the Block” sollte zu unserer Welt werde. Und während Lil Jon und Ludacris im Autoradio „Move Bitch“ rappten, lächelten wir dankbar, dass unsere Eltern kein Englisch verstanden.
Die Namen unserer männlichen Freunde waren in unseren Handys als deutsche Frauennamen gespeichert: Tarek wurde zu Tatjana. Mit einem Julian oder Christopher waren wir offiziell befreundet, mit einem Milad oder Cem durften wir uns nicht blicken lassen. Unsere Eltern haben den deutschen Jungs stets mehr vertraut, als den Jungs ihrer Freunde und Bekannten.
Wir haben nie darüber geredet, wer eine “schlechte Muslima” war – sondern immer darüber gesprochen, welche Bekannte, Cousine oder Freundin nun von „Zuhause abgehauen war“. Sie sind einfach ausgebrochen, verschwunden – weil sie die strengen Regeln der Eltern und der Brüder nicht mehr aushielten – und wenn das unsere eigenen Eltern mitbekamen, bekamen sie Panik. Und engten uns mit ihrer Liebe und ihren Ängsten noch stärker ein.
Wir wollten nicht vorrangig muslimisch sein. Wir wollten frei sein. Wir wollten jung sein. Wir haben aber bemerkt, dass es schwierig wird, dass uns die Mehrheitsgesellschaft so akzeptieren wird, wie wir eben sind, so komplex unsere Identitäten auch sind.
Und wir begriffen, dass unsere eigene Community nur schwer uns so hinnehmen wird, wie wir sein wollten, so frei und offen und kritisch und selbstbestimmt wir leben wollten.
Wir wollten niemals konform leben. Aber man hat unseren Kampf für Freiheit nicht gesehen, nicht erkannt, nicht belohnt. Man fing irgendwann an, uns in Kategorien zu betrachten. Wir mussten mit Stereotypen kämpfen. Jahre später musste ich meinen altbekannten Klassenkameraden erklären, weshalb ich nicht in die Moschee gehe, weshalb ich kein Kopftuch trage. Wir mussten uns erklären, was wir vom 11. September hielten. Wir wurden als Deutsche etikettiert, obwohl wir spürten, dass wir nicht mal als Ausländer akzeptiert wurden. Weder von den Deutschen, noch von den Ausländern. Wir wurden hin- und her gezerrt. Nicht zwischen Tradition und Moderne – denn wir hatten uns längst für die Moderne entschieden – sondern zwischen Labels, die man uns gab.
Wir seien von nun an deutsche Muslime. Wir hätten einen Migrationshintergrund. Man müsse uns verstehen. Man müsste uns tolerieren. Kaum jemand hat uns gefragt, wer oder was wir sein wollen. Dabei wollten wir einfach nur jung sein. Wir wollten frei sein.
Ćelo & Abdï: „We are street philosophers“
Hier geht es zur deutschen Version
German Rap is shaking up the cultural landscape of Germany. It is street rap from the vibrant migrant communities that co-creates an urban youth culture characterized by thrilling sounds, a capitalist lifestyle and heavy sociopolitical views. In the middle of the epedemic of trap beats, word games and the mixture of different languages of the migrant circles, Celo & Abdi – two conscious rappers from Frankfurt – show that German rap is an ultimative way not only to express their street stories and emotions, but to criticize the system without missing to have fun.
I am still living in the same flat since I have been a child, still in the same children´s room. What has changed? My wardrobe is full of Gucci clothes
Notorious as illustrious: Celo & Abdi are one of the most important rappers in Germany who consider themselves as conscious rappers. Their lyrics are sociocritical. The rap duo is controversial. They are authentic. The everyday survival in the jungle of the metropolis Frankfurt while running an illegal business is a main topic of their lines. Celo & Abdi are drawing sympathetically the migration story of their parents while they are offending politicians and police officers aggressively. Like many German rappers they do not glorify violence directly, but telling with their music that violence has been part of their life. Before there was music, there was violence. State power, police violence, street violence and structural violence in form of discrimination. Is it a cry for help? Not at all. They had to learn to accept, they learned to resist, they learned to attack. They use a sexist language and violent metaphors in their lyrics, but they think about criticism rather than shoot it down. It is worth to read between their lines, to get to know their personalities without falling into the parternalistic or pedagogical trap.
I meet Celo & Abdi in Bornheim, the bohemian middle-class district of Frankfurt, the hometown of Celo, for which he is very proud. Local patriotism is an important attitude of German rappers with non-German roots. Frankfurt, Hamburg or Berlin. They love their cities and try to represent their own stories which differ from those told by mainstream media and known by the dominant German culture. „Our stories are worth to tell“ Abdi says. „Snatched from life experiences“, Celo continues and refers to their song „Frankfurter Zoo“ where a drug dealer get robbed by his friend.
With their fourth album „Diaspora“ they place the migration theme in the middle of their artistic existence. And still, their music is not only wholehearted criticism on German society and discrimination against its daughters and sons with a migration story, but a homage on making the best of living in socio-economically weak districts and having less perspectives than a „Christian“. Their narrative style is not based on a „I am a victim“-habitus, but on a sober statement that accounts the complexity of life.
Celo & Abdi are Erol Huseinćehajić and Abderrahim el Ommali born and raised up in Frankfurt. They have met while working in a call center 9 years ago where they decided to make music together. Both parents immigrated to Germany as guest workers. Abdi is 30 years old and has Moroccan roots. Celo has recently turned 35 and is proud of his Bosnian background.
They suggested a Ćevapčići (grilled dish of minced meat from the Balkans) fast food place to talk. The diner is close to the stylish cafés and restaurants for which Bornheim is known, but it belongs to another world. Small tables with shabby chairs in a tight corridor. The smell of minced meat spreads all over the small diner accompanied by Bosnian words and a lot of laughter between Celo and the chef. Those, who want to escape the smell and the sound, can take a seat in the winter garden. A bit cold, but calm.
They see behind the curtains of our world
„Rap is for me a valve for every kind of emotion.“ says Abdi. When he does feel „shitty“, he can take a piece of paper, he writes „shit“ on it and develops a track out of it. It is not aggression, what drives them, but anger „against everything“, Celo says, „against the society“, he continues. As storytellers of their own worlds with their own words, they reach white middle class students as well as Germans with foreign roots with few chances for a brilliant future. Some of their tracks give support to their listeners during their hard times. The track „Besuchstag“ (visiting day) for example deals with the feeling of being imprisoned and the regret to disappoint the parents. They have received a lot of messages telling that this song has given their fans the strenght to overcome difficult times. Not only those who have been in prison, but this song meant a lot for their relatives. „My brother is in prison, my son is in prison, my father is in prison. But also people who have been imprisoned listened to this song and thought When I am released, I will directly go to my mother and kiss her feet.“ Abdi says with proud. And those who did not go through the same experiences they have? „They see behind the curtains of our world“ Celo says.
It is the shit we grew up with that made us to talented rappers
The path of life for young men with a migration story growing up in socially weak districts, their way to criminality and their inner struggle is the essence of the new generation of German rap. „It is the shit we grew up with that made us to talented rappers“, Celo says. „But it is also our talent“, Abdi opposes.
Their talent is to play with words from different languages, to connotate names, notions and metaphors. The unique language of Celo & Abdi and their azzlackz family (azzlacks is the name of the rapper network around one of Germany´s most influential rapper „Haftbefehl“ in the Frankfurt region) is characterized by neologisms and the use of foreign languages such as Arabic, Kurdish, Hebrew, Turkish or Bosnian words they they know from their friends in a multicultural and multiethnic neighbourhood. The German language is important for them as it is also essential to rap in Hebrew (shalom), Arabic (habibi) or English (on point). Although they do not define German as their mother language, they admit that they are speaking German more than they speak Bosnian or Arabic. „German is the commercial language and the language of our society“ says Celo. The slang of azzlackz has reached spheres beyond the hiphop and migrant community. A German politician for example used Celo & Abdi´s notion of „Hinterhofjargon“ (backstreet slang) in a political debate while criticizing another politician who expressed herself in an inappropriated way. „Our group did their bit on the society. That is beautiful. Whether it is important or not. It is there, it has happenend and that makes us proud.“
„We had a lot of James Bond moments in our life“
Celo & Abdi like other street rappers in Germany are criticized for glorifying violence and for romanticized street life. „Everything can be romanticized“ is a weak answer by Celo. But he admits that he makes a lot of efforts to stay away from bad habits of the hood. „When a rapper tells me that he makes music to stay on the street, he lies. You make music, to get on, to get away, to get away from problems.“ Of course, they kept their old friends. „But I do not have to put myself on the street corner to sell packages of hash, in order to prove myself.“ Celo adds. Their lines are based on stories which they went through. „When you have to run away from the police and to hide under trucks, in garbage cans, in front yards …“ Abdi says and Celo continues „… than you feel like you are in a movie. We had a lot of James Bond moments in our life“
„I listen to my heart. I make mistakes. Everybody makes mistakes. When I fall, I stand up again. What else do I need?“
It is their down-to-earth habitus that they do not want to give up. „I have my mother, I have my father. I am fine. What else do I need? I listen to my heart. I make mistakes. Everybody makes mistakes. When I fall, I stand up again. What else do I need?“
Influenced by French rap music, the sound of their music is often melancholic or stimulating. „We like it“, Celo says.
When Abdi called the leggings of the female German hiphop journalist VisaVie „saftig“ (juicy) and made it clear that he considers her leggings sexy (during an interview) -for them and Visa Vie a joke – a debate within the German hiphop media community has launched. Since than female music journalists received a lot of sexist comments with the word „juice“ or „juicy“. Although they are becoming more and more aware about what sexism means, how it functions and how hard it hurts, it is still an issue for them they cannot abandon easily from it. Sexist ideas and notions such as „Hurentochter“ (daughter of a whore) and „Fürsorgegen“ (gene for taking care of others) of women belong to the basic ideas of the biggest part of their social world. Celo & Abdi do not only belong to the male-dominated hiphop community where sexism is an everyday business. They are not only influenced by their traditional and patriarchal social environment in which they grew up. The rap artists are also challenged by those questions from mainstream media. They do not build a wall and stay in a comfort zone where they earn money, sell tracks due to the motto „sex(ism) sells“ and feel great and brave as „men“. They try to understand what it means to be a woman and to be faced with those offending comments. „Okay, as a Turkish girl you are more fucked up than a German girl while growing up“ Celo was commenting on the question whether being an adult in a migrant community in the German culture is more mischievous than being an adult as German with German roots.
The values that had an influence on Celo & Abdi were those from their religion. „With my faith I have learnt certain values, being human, being helpful.“, Celo says. But not only. For Abdi, German values are as important as those of their religion and culture. „German values such as punctuality together with those of our parents have formed us.“
The question of belonging and Heimat (homeland) together with the migration story has always accompanied their music. „To the question whether I am German, I can only say that I am gladly in Germany“ – this is Abid´s line in „Diaspora“ that was awarded as the „Line of the Year“ by hiphop.de. „Nador is the home of my father, but since I have been always welcomed there with open arms, I have recognized it as my home.“ For Celo home is where you feel good.
Are there any moments, in which you feel excluded? Abdi: Yes, when everybody around me was at home, but I wasn´t home for three days. When everybody comes fresh from home and I come from anywhere (laughing) … then I feel excluded. When my friends ask me „Have you also had a great breakfast, have you watched cartoons, then I feel excluded.“
But we are talking not about 15 years ago? Abdi: I am talking of few days ago. Watching cartoons? Abdi: Yes, watching cartoons. Of course. Celo: Do you see us as cartoon characters? Abdi: No, no, she says, watching cartoons means escaping from reality.“ Celo: Mhhm.
When talking about their concert in the internationally renowned exhibition hall „Schirn“ in Frankfurt, Celo & Abdi were swarming about that night. „Schirn was baba (in Turkish: father; German slang for something huge in a positive way)“ Abdi told us. „It was one of our best concerts. Our friends, my brother, all of them were there. Everything was perfect.“ They feel honoured when people around them, friends or fans sincerely like their music. The biggest recognition, for Celo, is when „people who have studied, academics and journalists are dealing with me. When people who have studied, listen to me.“
Celo was a student, too. He tried to study but then gave up, jobbed in the callcenter that changed his life. Both of them tried to get to the Gymnasium (advanced secondary school in particular preparing students to enter university) and their parents convinced successfully their teachers to qualify them for it. Celo & Abdi learnt French as their first foreign language and struggled at school. Both of them could not fulfill the high expectations. Celo could get Fachabitur (qualification college), Abdi could at least manage to sell drugs at his vocational school.
What expectations did their parents have towards them? „They parents want me to become what I want and they want more for me than they want for themselves.“, Abdi says. „Well, my father did not immigrated to Germany, so his son can become a rapper.“ Celo says and laughs.
Is there anything what your parents tell you to do or not do do? Abdi: Come home, where have you been, do not spend all of your money, what is about this receipt? Why do you sleep in hotels?
Do not sleep in hotels, do not spend all your money, bring less receipts home, save your money, think about your future, do you have a pension insurance? These kind of things.“
Celo & Abdi do not refuse to have certain roles such as a streetworker, a street psychologist, being integration ambassador who mediate between the worlds of migrant communities and those of the dominant culture. They use rap music to deal with their experiences and observations. Not only what happened to them, but to their friends, to people in their surrounding. „That affects us deeply.“
Although their music is political – more than the music of other German rappers – they tend to be leftists. „But“, Celo rejects „like it is said in Star Wars: As Celo & Abdi we have never had the luxury of political opinions.“
Nevertheless they are observe their social and political environment and they do social criticism. Not in an intellectual but smart way. Not friendly but unsparingly. In their song „A.C.A.B“ of their first mix tape „Mietwagentape“ they say „No, because you hate other cultures. That is the reason why we remain among our own anyway“
We do what we do. We are who we are
They drink often their coffee at Café Ecke Konsti, a mix of an American whiskey bar and a oriental men´s coffee house. And we meet there, too. As passionate football fans Celo & Abdi are watching the African Cup, Morocco against Nigeria. With every goal for Morroco, Abdi cheers to his other homeland while Celo is taking a Instagram story about the football game.
They had a lot of Oprah-moments. When Abdi brought his Cartier sunglasses to the Cartier Store in Frankfurt to replace its glasses, one staff assumed that his sunglasses was fake. Another staff member checked the number in the system and told them that it was a vintage sunglasses of the 80s. That is why Celo & Abdi tend to spend their time in areas in which they do not feel discriminated. They do not only blame Germans with German roots, they can feel not being respected by anybody „who sits in a café in Fressgass and thinks that his father owns the street. Although the street belongs to Germany.“, Abdi complains.
Music is not their salvation, but Celo & Abdi´s way to express their creativity, their thoughts. Music is their calling, their destiny – not less than an artist who was born in the upscale district Westend and who studied at Städel. „Our art college was the street.“ Celo once said.
To criticize the system and the use of a certain language was the main base for rap music. „We want to criticize the system in our slang. We want others to understand street life, our world view, our language. That is Celo & Abdi. That is our essence. Packed with sympathy. That is why people likes us, because we do not play-act. We do what we do. We are who we are.“
Celo & Abdi are on their Germany tour. Here you can check their concert dates.
Credit: Ondro
Ćelo & Abdï: „Wir sind Straßen- philosophen“
Deutschrap mischt die deutsche Kulturlandschaft auf. Es ist der Straßenrap aus den vibrierenden migrantischen Communities, der die urbane Jugendkultur mitgestaltet – charakterisiert durch aufregende Sounds, einem kapitalistischem Lebenstil und schweren sozio-politischen Ansichten. Mitten in der Epidemie von Trapbeats, Wortspielen und dem Mix aus verschiedenen Sprachen aus den migrantischen Kreisen, sind es Celo & Abdi – Conscious Rapper aus Frankfurt – die mit Deutschrap nicht nur ihre Straßengeschichten und Gefühle ausdrücken, sondern Systemkritik ausüben, ohne dabei ihren Spaß zu vernachlässigen.
Ich wohne noch immer in der gleichen Wohnung, seit ich ein Kind bin, im gleichen Kinderzimmer. Was sich geändert hat? Mein Schrank ist voll mit Gucci-Klamotten
Sie sind genauso berüchtigt wie sie gefeiert werden: Celo & Abdi gehören zu den wichtigsten Rapper Deutschlands, die sich zudem als Conscious Rapper definieren. Ihre Lyrics sind sozialkritisch. Das Rapperduo ist kontrovers. Sie sind authentisch. Das tägliche Überleben im Frankfurter Großstadtdschungel während man in illegale Geschäfte verwickelt ist, ist das Hauptthema ihrer Zeilen. Celo & Abdi erzählen einfühlsam die Migrationsgeschichte ihrer Eltern, während sie aggressiv Politiker und Polizisten beleidigen. Wie viele andere Deutschrapper glorifizieren sie dabei nicht Gewalt, sondern erzählen mit ihrer Musik, dass die Gewalt Teil ihres Lebens war. Bevor es die Musik gab, gab es sie schon. Staatsgewalt, Polizeigewalt, Straßengewalt und strukturelle Gewalt in Form von Diskriminierung. Ist das ein Hilfruf? Keineswegs. Sie mussten lernen zu akzeptieren, sie mussten lernen Widerstand zu leisten, sie mussten lernen anzugreifen. Sie bedienen sich sexistischer Sprache und verwenden in ihren Lyrics gewalttätige Metaphern. Sie denken aber über die Kritik nach, statt sie abzuschmettern. Es lohnt sich zwischen ihren Zeilen zu lesen, ihre Persönlichkeit kennenzulernen ohne in die paternalistische oder pädagogische Falle zu geraten.
Ich treffe Celo & Abdi in Bornheim, dem Bohème Mittelklasse-Viertel Frankfurts, Geburtsort von Celo, worauf er sehr stolz ist. Lokalpatriotismus ist eine wichtige Haltung von Deutschrappern mit nicht-deutschen Wurzeln. Frankfurt, Hamburg oder Berlin. Sie lieben ihre Städte und versuchen ihre eigenen Geschichten zu repräsentieren, die Mainstream-Medien nicht erzählen und die die Mehrheitsgesellschaft kaum kennt. „Unsere Geschichten sind es wert, erzählt zu werden.“, sagt Abdi. „Aus dem Leben gerissen.“, erzählt Celo weiter und bezieht sich auf ihren Song „Frankfurter Zoo“, in dem ein Drogendealer von seinem Freund bestiehlt wird.
Mit ihrem jüngst veröffentlichtem vierten Album „Diaspora“ stellen Celo & Abdi das Migrationsthema inmitten in ihre künstlerische Existenz. Und dennoch, ihre Musik ist nicht nur eine aufrichtige Kritik an die deutsche Gesellschaft und Diskriminierung von den Töchtern und Söhnen mit Migrationsgeschichte, sondern auch eine Hommage daran, das Beste daraus zu machen, in sozioökonomisch schwachen Vierteln aufzuwachsen und schlechtere Perspektiven zu haben als ein „Christian“. Sie haben keinen „Ich bin Opfer“-Habitus, aber geben ein nüchternes Statement ab, das die Komplexität des Lebens berücksichtigt.
Celo & Abdi, das sind Erol Huseinćehajić und Abderrahim el Ommali, geboren und aufgewachsen in Frankfurt. Sie lernten sich in einem Callcenter vor 9 Jahren kennen und entschieden gemeinsam Musik zu machen. Ihre Eltern kamen als Gastarbeiter nach Deutschland. Abdi ist 30 Jahre alt und hat marokkanische Wurzeln. Celo wurde erst vor kurzem 35 Jahre alt und ist stolz auf seinen bosnischen Hintergrund.
Sie schlagen einen Cevapcici-Imbiss vor, der sich ganz in der Nähe von den stylischen Cafés und Restaurants befindet, wofür Bornheim bekannt ist – der aber einer anderen Welt angehört. Kleine Tische mit schäbigen Stühlen befinden sich in einem engen Korridor. Der Geruch von würzigem Fleisch wird von bosnischen Gesprächsfetzen und Gelächter zwischen Celo und dem Koch begleitet. Diejenigen, die dem Geruch entkommen möchten, können sich in den Wintergarten setzen. Dort ist es kalt, aber ruhig.
Sie gewinnen Einblick in unsere Welt
„Rap ist für mich ein Ventil für jegliche Art von Emotionen“, sagt Abdi. Wenn er sich „scheiße“ fühle, könne er ein Stück Papier nehmen, darauf „Scheiße“ schreiben und daraus ein Lied machen. Es sind nicht Aggressionen, die sie antreiben, sondern die Wut „gegen alles“, sagt Celo, „gegen die Gesellschaft“, fährt er fort.
Als Storytellers ihrer eigenen Welt mit ihren eigenen Worten, erreichen sie mit ihrer Musik gleichermaßen Deutsche mit ausländischen Wurzeln und wenig Chancen für eine glänzende Zukunft und bürgerliche Studenten sowie Aufsteiger, die eine Karriere als Chemiker oder Rechtsanwalt vor sich haben. Einige ihrer Songs helfen ihren Zuhörern, harte Zeiten zu überstehen. Ihr Track „Besuchstag“ ist einer davon. Es handelt davon, inhaftiert zu sein und es zu bereuen, die Eltern enttäuscht zu haben. Viele Nachrichten erreichten sie, die sagen, dass ihnen dieses Lied Stärke gegeben habe. Nicht nur von jenen, die im Gefängnis waren, sondern auch von ihren Angehörigen. „Mein Bruder ist im Gefängnis, mein Sohn ist im Gefängnis, mein Vater ist im Gefängnis. Aber auch Leute, die selbst im Gefängnis waren, haben das Lied gehört und sich gedacht Wenn ich rauskomme, gehe ich direkt zu meiner Mutter und küsse ihre Füße.“, sagt Abdi mit Stolz. Und was ist mit jenen, die nicht die gleichen Erfahrungen gemacht haben? „Sie gewinnen einen Einblick in unsere Welt“, sagt Celo.
Es ist die Scheiße, mit der wir aufgewachsen sind, die uns zu talentierten Rappern gemacht hat
Der Lebensweg der jungen Männer mit Migrationshintergrund, die in sozial schwachen Vierteln aufwachsen, ihr Weg in die Kriminalität und ihr innerer Kampf sind die Essenz der neuen Generation von Deutschrap. „Es ist die Scheiße, mit der wir aufgewachsen sind, das uns zu talentierten Rappern gemacht hat, sagt Celo. „Es ist auch unser Talent“, erwidert Abdi.
Ihr Talent ist es mit Wörten verschiedener Sprachen zu spielen, Namen, Begriffe und Metaphern zu assozieren. Die einzigartige Sprache von Celo & Abdi und ihrer Azzlackz-Familie ist charakterisiert durch Neologismen und dem Gebrauch von ausländischen Sprachen wie arabischen, kurdischen, hebräischen, türkischen oder bosnischen Wörter, die sie von ihren Freuden in einer multikulturellen und mutltiethnischen Nachbarschaft kennen. Die deutsche Sprache sei genauso wichtig für Celo & Abdi, wie es auch essentiell sei auf Hebräisch (shalom), Arabisch (habibi) oder Englisch (on point) zu rappen. Obwohl sie Deutsch nicht als ihre Muttersprache definieren, geben sie zu, dass sie Deutsch mehr als Bosnisch oder Arabisch sprechen. „Deutsch ist Handels – und Gesellschaftssprache“, sagt Celo. Der Jargon der Azzlackz hat Sphären jenseits der Hiphop – und Migrantencommunity erreicht. So hatte ein deutscher Politiker beispielsweise den von Celo & Abdi eingeführten Begriff „Hinterhofjargon“ verwendet, als er eine Politikerin für ihre unangebrachte Aussage kritisierte. „Unsere Gruppe hat ihren Beitrag zur Gesellschaft geleistet. Und das ist schön. Ob es wichtig ist oder nicht. Es ist da, es ist passiert und das macht uns stolz.“, sagt Celo.
Wir hatten viele James Bond-Momente in unserem Leben
Celo & Abdi werden wie viele andere Straßenrapper in Deutschland kritisert, Gewalt zu verherrlichen und das Straßenleben zu romantieren. „Alles kann romantisiert werden“ ist eine schwache Antwort von Celo. Aber er gibt zu, dass er sich viel Mühe gebe, um von der Straße wegzubleiben. „Wenn ein Rapper sagt, ich mache Musik, um auf der Straße zu bleiben, dann lügt er. Man macht Musik, um weiterzukommen, um wegzukommen, von den Problemen wegzukommen.“ Natürlich haben sie noch ihren alten Freundeskreis. „Aber ich muss mich nicht irgendwo hinstellen, um Graspakete zu verkaufen, um mich zu beweisen.“, fügt Celo hinzu. Viele der Geschichten in ihren Songs haben sie selbst erlebt. „Wenn du von der Polizei wegrennen musst und dich unter LKWs versteckst, in Mülltonnen oder Vorgärten…“, sagt Abdi und Celo fügt hinzu: …“dann kommst du dir vor wie im Film. Wir hatten viele James Bond-Momente in unserem Leben.“
Ich höre auf mein Herz. Ich mache Fehler. Jeder macht Fehler. Wenn ich falle, stehe ich wieder auf. Was brauche ich mehr?
Es ist ihre bodenständige Haltung, die sie nicht aufgeben möchten. „Ich habe eine Mutter, ich habe einen Vater. Mir geht es gut. Was brauche ich mehr? Ich höre auf mein Herz. Ich mache Fehler. Jeder macht Fehler. Wenn ich falle, stehe ich wieder auf. Was brauche ich mehr?, sagt Abdi überzeugt von seinen eigenen Worten.
Als Abdi während eines Interviews die Leggings der Journalistin Visa Vie als „saftig“ kommentiert und damit klar gemacht hatte, dass er ihre Leggings „sexy“ findet – für alle, auch für VisaVie ein Witz – löste das eine Debatte in der deutschen HipHop-Welt aus. Denn seitdem haben Musikjournalistinnen viele sexistische Kommentare erhalten, in denen der Begriff „saftig“ vorkam. Obwohl es ihnen immer stärker bewusst wird, was Sexismus bedeutet, wie er funktioniert und wie schwer er verletzt, können sie sich dennoch nicht ganz davon befreien. Sexistische Ideen wie „Frauen haben ein Fürsorgegen“ und Begriffe wie „Hurentochter“ gehören zu den Grundvorstellungen des größten Teils ihrer sozialen Welt. Celo & Abdi gehören nicht nur der männerdominierten HipHop-Community an, in er Sexismus alltägliches Geschäft ist. Sie sind nicht nur von den traditionellen und patriarchalischen sozialen Umwelt beeinflusst worden, in der sie aufgewachsen sind. Die Rapkünstler werden auch von den Fragen der Massenmedien herausgefordert. Und sie bilden keine Wand, bleiben nicht in ihrer Komfortzone, in der man Geld daran verdient, Tracks verkauft getreu dem Motto „Sex(ismus) sells und in der sie sich großartig und männlich fühlen. Sie versuchen zu verstehen, was es bedeutet, eine Frau zu sein und mit derartigen Beleidigungen konfrontiert zu werden.“Okay, als türkisches Mädchen bist du mehr abgefuckt als deutsches Mädchen, wenn du erwachsen wirst.“, kommentiert Celo, als es darum geht, inwiefern das Erwachsenwerden für Deutsche mit Migrationshintergrund nachteiliger ist als für Deutsche mit deutschen Wurzeln.
Die Werte, die Celo & Abdi beeinflusst haben, entspringen aus ihrer Religion. „Mit meinem Glauben habe ich bestimmte Werte gelernt, menschlich zu sein, hilfsbereit zu sein“, sagt Celo. Aber nicht nur. Für Abdi spielen deutsche Werte eine genauso große Rolle wie die seiner Religion und Kultur. „Deutsche Werte wie Pünktlichkeit zusammen mit denen meiner Eltern haben uns geformt“, sagt Abdi.
Die Frage der Zugehörigkeit und der Heimat zusammen mit ihrer Migrationsgeschichte haben stets ihre Musik begleitet. „Auf die Frage, ob ich Deutscher bin, kann ich nur sagen, dass ich gerne in Deutschland bin“ – das ist Abdis Zeile in „Diaspora“, das von Hiphop.de zur „Beste Line“ gekürt wurde. „Nador ist die Heimat meines Vaters, aber da ich dort immer mit offenen Armen empfangen werde, habe ich Nador auch als meine Heimat anerkannt“, sagt Abdi. Für Celo ist Heimat überall dort, wo man sich wohl fühlt.
Gibt es auch Momente, in denen du dich ausgeschlossen fühlst?
Abdi: Joa, wenn alle Zuhause waren und ich drei Tage nicht Zuhause war. Wenn alle frisch von Zuhause kommen und ich komme von irgendwoher, dann fühle ich mich schon ausgeschlossen. Wenn meine Freunde sagen, hast du auch so gut gefrühstückt und diesen oder jenen Zeichentrickfilm gesehen, dann fühle ich mich ausgeschlossen.
Aber wir reden schon von heute und nicht von vor 15 Jahren?
Abdi: Ja, ich rede von vor ein paar Tagen.
Auch Zeichentrickfilme?
Abdi: Ja, auch Zeichentrickfilme. Natürlich.
Celo: Siehst du uns wie Zeichentrickfilm-Figuren?
Abdi: Nein, nein, sie sagt, wer Zeichentrick schaut, flüchtet vor der Realität.
Celo: Mhhmm.
Wenn sie über ihr Konzert in der international bekannten Frankfurter Kunsthalle „Schirn“ sprechen, schwärmen Celo & Abdi über diese Nacht. „Schirn war baba“, sagt Abdi. „Es war eines der besten Auftritte. Unsere Freunde, mein Bruder, alle waren da. Alles war perfekt.“ Sie fühlen sich geehrt, wenn Leute um sie herum, Freunde oder Fans aufrichtig ihre Musik mögen. Die größte Anerkennung sei für Celo, wenn „Menschen, die studiert haben, Akademiker und Journalisten sich mit mir beschäftigen. Wenn Menschen, die studiert haben, mir zuhören.“
Auch Celo war Student. Er versuchte zu studieren und gab dann auf, jobbte im Callcenter, das sein Leben veränderte. Beide versuchten, auf ein Gymnasium zu kommen und ihre Eltern schafften es, die Lehrer davon zu überzeugen und die Eignung zu erhalten. Celo & Abdi hatten Französisch als erste Fremdsprache und kämpften in der Schule. Beide konnten die hohen Anforderungen nicht erfüllen. Celo habe es geschafft, Fachabitur zu machen, Abdi habe es geschafft, in der Handelsschule Drogen zu verkaufen.
Welche Erwartungen hatten ihre Eltern, was ihre berufliche Zukunft angeht? „Meine Eltern möchten, dass ich werde, was ich möchte und sie wünschen sich für mich mehr, als für sich.“, sagt Abdi. „Also mein Vater ist nicht nach Deutschland gekommen, damit sein Sohn ein Rapper wird.“, sagt Celo.
Gibt es irgendetwas, was dir deine Eltern sagen, was du tun oder nicht tun sollst?
Abdi: Komm nach hause, wo warst du, gib nicht dein ganzes Geld aus, was ist das für ein Kassenzettel? Warum schläfst du im Hotel? Geh nicht ins Hotel, gib nicht so viel Geld aus, bring weniger Kassenzettel nachhause, spar dein Geld, denk an deine Zukunft, hast du eine Rentenversicherung? Solche Sachen.
Celo & Abdi haben kein Problem, bestimmte Rollen anzunehmen – wie Streetworker, Straßenpsychologe, Integrationsbotschafter, der zwischen den Welten der migrantischen Communities und der Mehrheitsgesellschaft vermittelt. Sie benutzen Rap, um ihre Erfahrungen und Beobachtungen zu verarbeiten. Nicht nur was ihnen passiert sei, sondern auch ihren Freunden, den Menschen um ihnen. „Das geht uns sehr nahe.“
Ihre Musik politisch ist – politischer als die Musik vieler anderer Deutschrapper – sie tendieren dazu, links zu sein. „Aber“, erwidert Celo, „wie es in Star Wars heißt: Als Celo & Abdi leisten wir uns nicht den Luxus einer politischen Meinung.“
Dennoch beobachten sie ihre soziale und politische Umwelt und betreiben Sozialkritik. Nicht auf intellektuelle Weise, aber klug. Nicht freundlich, aber schonungslos. In ihrem Song „A.C.A.B“ aus „Mietwagentape“, rappen sie: „Nein, weil ihre andere Kulturen hasst. Aus diesem Grund bleiben wir eh unter uns.“
Wir machen, was wir machen. Wir sind, wer wir sind.
Sie trinken oft ihren Kaffee im Café Ecke Konsti, einer Mischung aus einer amerikanischen Wkiskeybar und einem orientalischen Männercafé. Auch dort treffen wir uns. Als leidenschaftliche Fußballfans schauen sich Celo & Abdi den African Cup an, Marokko gegen Nigeria. Mit jedem Tor für Marokko, feiert Abdi seine andere Heimat, während Celo diese Momente auf Instagram Story teilt.
Sie hatten viele Oprah-Momente. Als Abdi seine Cartier-Brille im Cartier-Geschäft in Frankfurt brachte, um die Gläser austauschen zu lassen, vermutete ein Mitarbeiter, dass die Brille gefälscht sei. Ein anderer Mitarbeiter prüfte die Nummer im System und sagte, dass es sich um eine Vintage-Brille aus den 80er Jahren handele. Das sei der Grund, weshalb Celo & Abdi es vorziehen, in Vierteln zu verkehren, in denen sie sich nicht diskriminiert fühlen. Sie fühlen sich nicht nur von Deutschen mit deutschen Wurzeln nicht respektiert, sondern von jedem „der in den Cafés in der Fressgass sitzt und glaubt, die Straße gehöre seinem Vater. Obwohl die Straße Deutschland gehört“, schimpft Abdi.
Musik ist nicht ihre Rettung, sondern der Weg ihre Kreativität auszudrücken, ihre Gedanken. Musik ist ihre Berufung, ihr Schicksal – nicht weniger als von einem Künstler, der im gehobenen Westend geboren ist und an der Städel studiert. „Unsere Kunsthochschule war die Straße“ sagte einmal Celo.
Systemkritik und Sprache seien das Fundament ihrer Musik. „Wir kritiseren das System mit unserem Jargon. Das ist unsere Essenz. Eingepackt mit Sympathie. Das ist, warum die Leute uns mögen, weil wir uns nicht verstellen. Wir machen, was wir machen. Wir sind, wer wir sind.“
Celo & Abdi sind auf Deutschland-Tour. Hier sind ihre Konzerttermine.
Fotocredit: Ondro
We wanted to be young, we wanted to be free
Hier geht es zur deutschen Version
They say that Salafism is the new youth culture for Muslims in Germany. That was not always the case.
When we were really young we only wanted one thing: to be free. We loved our Turkish, Arab, or Kurdish culture, our Islamic, Alevi, our Maghreb, Afghan and Anatolian traditions – but we wanted to express them on our own terms – as they are in a modern society.
Every summer we wanted to go to swimming pools; we wanted to go to clubs that, at 16, we were not actually allowed to go to; we wanted to go to the cinema with boys or girls; we wanted to be able to call our crush; we wanted to have a real relationship, and introduce him or her to our parents at home – just like our German friends did. We wanted to be young, we wanted to be free.
Since we had strict parents, regardless of whether we were Alevi, Sunni, Arabic, or Kurdish, we – especially girls – had to hide much of our lives. And that was not easy. When we were heartbroken we locked ourselves up in our rooms and we could not talk to our parents about it.
We never missed out on love, but we often missed out on freedom.
We looked for ways to get out of the house in the evenings – we begged our parents for every hour that we spent away from home. We did not want to give in; we wanted to break through the prevailing social norms.
In the days before mobile phones, the guys always had coins in their hands to call us on our home phone, in the hope that we would pick up and they would hear our voices, and not one of our parents. We wrote love letters and painstakingly hid them at home.
We girls thought about what it would be like if we were lesbian – without our parents noticing it. We could have spent as much time with our long-term girlfriend as we wanted – she could hang out at our house, go on holiday with us and we could even move in together after finishing school.
We spent a lot of time dreaming. We also dreamt about what life would be like for the next generations. We often asked ourselves whether they would have more freedom than us. We hoped so. We hoped that we could be as free as our “German” friends – so free that we could hold hands in the street, without worrying that an uncle or one of our father’s friends would catch us. We just wanted to be young.
And we fought for it.
We were constantly branded “foreigners”, the distinctions were clear. What was possible for the Germans was not possible for us. We never rejected their values. We were just annoyed that the Germans did so little with their freedom. We would have done more with it.
Then some of us noticed that there was no ray of hope, that they were simply punished if they broke the prevailing social norms of the Muslim communities. As the most beautiful, most self-assured and coolest Moroccan girls got married at the age of 16, when the freedom-loving and rebellious girlfriend had to marry her cousin after graduating from school and subsequently took her own life, as only a few managed to have an autonomous, free and open life – without cutting off your parents, or being a “bad Muslim” or “dishonourable”. That was when you started to conform. Conform to the expectations of your parents. And your youth was over.
In the end the boundaries became blurred
Whilst our parents, our aunts and uncles had been socialized in Turkey, Morocco, Afghanistan and Algeria, and always felt strongly connected to their homeland, their traditions and norms – this was no longer the natural course for us. We were born in this country, but for us – it was like this for everyone, even for “the Germans” – different rules applied, and there were different expectations. We were overwhelmed; not only with homework and visits from our loving relatives, not only with the summer holidays in our Middle Eastern homelands where we were also stigmatized and harassed, but also with helping our parents with translations with German authorities – but also something more, we were overwhelmed with explaining, justifying and excusing ourselves.
We had to constantly apologize for who we were and what we wanted to be.
This injustice hurt the most. In our hearts, we felt a twinge every time we realized the limits which came too close to our dreams. We lived in fear. Fear of being caught. Fear of being punished. Fear of what reproaches we would be confronted with this time. We just wanted to be young. We wanted to be free. “We foreigners” stuck together, we showed solidarity when our bourgeois classmates failed. We had created our own world. We became friends because of our cultural identity, because we had our own different cultures – starting at school, where we came into contact with the German middle class and so did not have much to do with our cosmopolitan and transnational identity. And it was not our religion which was our identity. It was our common goal, our pursuit of freedom, of acceptance, of recognition. From our own community as well as from the German world. And when our teacher asked us what jobs our grandfathers had, we three “Turks” were the only ones whose grandparents had not even finished school. But we realized that it did not bother us. It turned out that not only in maths and physics, but also in ethics, history and German, our grades were much better than those whose grandfathers had been doctors or teachers.
We were newcomers. We had no idea what price we had to pay for that.
We listened to Hip Hop, we loved Pharrel Williams – long before the middle-class students did. We mourned for Tupac and Aaliyah. We knew American slang and so we chose to study advanced English. That was our youth. We had very few role models in the German media or in the public eye to show us a way to reconcile the expectations of our parents and our community with the expectations of society. We did not feel like victims, but we were marginalized and at some point this made us into victims.
We never got to grips with Islam or the Koran – like perhaps our parents did. We fasted during Ramadan and celebrated the religious festivals. With a really bad conscience we took time off school – since our parents did not want us to miss school for Eid. They did not want us to be primarily religious – but always practising.
We always waited for the summer: the guys had been working out, the girls had been dieting because we knew we’d meet at the pool in bikinis and swimwear. And if we managed to, we wanted to graduate from school, we wanted to study, we wanted to get out into the world. That was our world. And we hoped that the next generation would lead lives which were even more open, free, and modern. That the next generation would break down social norms. That they did not have to become “German”, but could become freer. “That they would be allowed to do more.”
To be allowed – that was one of the phrases we used most regularly.
We did not just want to consume a modern lifestyle, with our Reebok shoes, Nokia phones and Nike trousers. We wanted all the other things which went alongside. We tried to imitate Jennifer Lopez. Her style, her hair – her world from “Jenny From the Block” could become our world. And while Lil Jon and Ludacris were rapping “Move Bitch” on the car radio we smiled gratefully that our parents could not understand English.
The names of our male friends were stored in our mobile phones as German women’s names: Tarek became Tatjana. We were officially friends with Julians and Christophers, but we weren’t allowed to so much as look at a Milad or Cem. Our parents always trusted German boys more than the sons of their friends and acquaintances. We never talked about who was a “bad Muslim” – but we always talked about any acquaintance, cousin or friend who had “run away from home”. They just broke out and disappeared because they could no longer cope with the strict rules of their parents and brothers – and when our own parents saw this happening, they panicked. And they suffocated us even more with their love and their fear.
We did not want to be primarily Muslim. We wanted to be free. We wanted to be young. But we noticed that it was becoming difficult for society to accept us for who we were when our identities were so complex.
And we realized that our own community would find it difficult to tolerate the way we wanted to live – freely, openly, critically and autonomously.
We never wanted to live lives of conformity. But our struggle for freedom was not seen, recognized or rewarded. At some point they began to see us in categories. We had to fight these stereotypes. Years later I had to explain to people I had gone to school with for years why I don’t attend a mosque, why I don’t wear a headscarf.
We had to explain what we thought about 9/11. We were labelled as Germans, although we felt that we were not even accepted as foreigners. Neither by the Germans nor by the foreigners. We were dragged back and forth. Not between tradition and modernity – because we had already decided on modernity – but between the different labels that were given to us.
From now on we would be German Muslims. We had a migrant background. We had to be understood. We had to be tolerated. Almost no one asked us who or what we wanted to be. We just wanted to be young. We wanted to be free.
– Translation Myfanwy Craigie